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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 09.05.2007
Aktenzeichen: 15 U 11/07
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 648 a | |
BGB § 765 | |
BGB § 767 |
Gründe:
I.
Die Parteien streiten darüber, ob eine von der Beklagten übernommene Höchstbetragsbürgschaft für Ansprüche der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin, die als "Sicherheit gemäß § 648a BGB" bezeichnet ist, auch Zinsen und die Kosten des von den Klägern gegen die Hauptschuldnerin geführten Prozesses umfasst.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, weil die von ihr übernommene Bürgschaft sich nicht nur auf die Hauptforderung beziehe, sondern auch anfallende Verzugszinsen und Kosten der Rechtsverfolgung umfasse.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die an ihrer Rechtsauffassung festhält, die Bürgschaft sichere nur die Hauptforderung.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zwar statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, weil das Landgericht der Klage zu Recht stattgegeben hat. Denn die von der Beklagten übernommene Bürgschaft umfasst auch die von den Klägern geltend gemachten Zinsen und Kosten.
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Streitfrage zwischen den Parteien nach dem Inhalt des zwischen ihnen abgeschlossenen Bürgschaftsvertrages bestimmt. Da § 767 Abs. 1 Satz 2 BGB die Haftung des Bürgen dafür anordnet, dass die Hauptverbindlichkeit etwa durch Verzug des Hauptschuldners geändert wird, worunter Verzugszinsen fallen, und § 767 Abs. 2 BGB die Haftung des Bürgen für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Rechtsverfolgung ausspricht, kann sich eine zulässige Abweichung von dieser gesetzlichen Regelung nur aus der Vereinbarung der Parteien ergeben. Zutreffend hat das Landgericht der Bürgschaftsvereinbarung zwischen den Parteien eine solche Abweichung nicht entnehmen können.
Der Beklagten, die sich auf die Kommentierung bei Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl., § 765 Rdnr. 19, bezieht, ist zwar zuzugeben, dass die Bürgschaftsurkunde keine Haftung des Bürgen für Kosten und Zinsen regelt. Das ist indes nicht erforderlich, weil sich das für die hier geltend gemachten Beträge aus der Vorschrift des § 767 BGB ergibt. Die von der Beklagten zitierte Kommentarstelle meint demgegenüber vertragliche Nebenansprüche und Zinsen. Darum geht es vorliegend nicht.
Nach dem Inhalt der Bürgschaftsurkunde hat sich die Beklagte im Höchstbetrag von 100.000 DM für Ansprüche aus dem Bauvertrag zwischen der Hauptschuldnerin und den Klägern verpflichtet. Das ist die Hauptschuld. Vertragliche Nebenforderungen waren - wie bereits dargelegt - nicht einbezogen.
Eine von § 767 BGB abweichende Haftung der Beklagten ergibt sich nicht alleine aus der Bezugnahme auf § 648a BGB. Weder die Bezeichnung der Urkunde als "Sicherheit gemäß § 648a BGB" noch die Formulierung, die Beklagte verbürge sich "unter der Voraussetzung des § 648a BGB" lässt hinreichend deutlich erkennen, dass § 767 BGB abdungen werden solle. Die Erwähnung der Vorschrift gibt lediglich den Anlass für die Bürgschaft wieder. Außerdem werden in der Urkunde ausdrücklich sich aus § 648a BGB ergebende Besonderheiten vereinbart, nämlich dass Zahlung erst geleistet werden könne, wenn der Hauptschuldner den Vergütungsanspruch anerkannt hat oder durch vorläufig vollstreckbares Urteil zur Zahlung verurteilt worden ist, und dass die Beklagte berechtigt sei, im Falle einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners das Bürgschaftsversprechen mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen. Andere Besonderheiten, die sich aus dem Zweck der Bürgschaft als Bauhandwerkersicherung im Sinne von § 648a BGB ergeben könnten, werden dagegen nicht erwähnt.
Genügt allein die Erwähnung des § 648a BGB nicht für eine Abbedingung des § 767 BGB, ist auch unerheblich, dass nach der zur Zeit der Bürgschaftserklärung gültigen Fassung dieser Vorschrift der Werkunternehmer keine Sicherheit für Nebenforderungen verlangen konnte. Unabhängig davon, dass sich die Beklagte gleichwohl insoweit hätte verpflichten können, enthält die Bürgschaftserklärung keinen dahingehenden Hinweis. Im Übrigen hatten die Kläger auch keine Sicherheit für Nebenforderungen verlangt, weil die Bürgschaft, wie bereits dargelegt worden ist, als Hauptverbindlichkeit nur Werklohnansprüche sichert und keine darauf entfallenden vertraglichen Zinsen. Darüber hinaus setzt nach richtiger Auffassung die seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen zum 1. Mai 2000 dem Werkunternehmer eingeräumte Möglichkeit, eine Sicherheit auch für Nebenforderungen zu verlangen, voraus, dass solche Nebenforderungen dem Grunde nach tatsächlich bestehen (vgl. Palandt/Sprau, a. a. O., § 648a BGB Rdnr. 11; Busche in Münchener Kommentar, BGB, 4. Aufl., § 648a BGB Rdnr. 23; anderer Auffassung - ohne Begründung - Staudinger/Peters, BGB, Neubearbeitung 2003, § 648a Rdnr. 8), und zwar im Zeitpunkt der Bürgschaftserklärung. Denn die gesetzliche Formulierung "Sicherheit für die von ihm zu erbringenden Vorleistungen einschließlich der zugehörigen Nebenforderungen" erstreckt sich nicht auf Verzugszinsen und Prozesskosten, weil das keine zur werkvertraglichen Vorleistung gehörenden Nebenforderungen sind.
Dass der Bürge wegen § 648a Abs. 2 Satz 2 BGB Verzug und Prozesskosten nicht durch eine freiwillige Zahlung vermeiden kann, worauf in der Bürgschaftsurkunde ausdrücklich hingewiesen ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dieser Umstand ist für die Auslegung der vertraglichen Erklärungen ohnehin unerheblich. Im Übrigen hat der Bürge hinreichenden Schutz durch den vereinbarten Höchstbetrag, der regelmäßig dem voraussichtlichen Vergütungsanspruch entsprechen wird, weil nur in dieser Höhe ein Anspruch des Werkunternehmers auf Sicherung besteht.
Nach allem tritt der Senat der rechtlichen Beurteilung des Landgerichts bei, so dass die Berufung ohne Erfolg bleiben muss.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nicht vorliegen. Allein der Umstand, dass die Streitfrage vom Bundesgerichtshof nicht entschieden worden ist, ergibt keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Streitfrage soweit ersichtlich nicht kontrovers diskutiert wird.
Ende der Entscheidung
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